„Die eigenen Grenzen besser kennenlernen“

Aufgeregt, freudig erwartungsvoll „und irgendwie ungläubig, dass es jetzt tatsächlich losgeht“ – gleich ein ganzer Gefühlsmix herrscht in diesen Tagen bei Vera Zitzmann (27) und Oskar Holtmann (19) vor. Denn in wenigen Tagen, am Mittwoch, 19. Juli, treten die beiden für ein Jahr einen Freiwilligendienst in Tansania an, wo sie sich unter anderem für Waisenkinder engagieren werden. 

 

Für den frisch gebackenen Abiturienten Oskar Holtmann aus Münster ist es nicht der erste längere Auslandsaufenthalt. Bereits während der Schulzeit verbrachte er ein Jahr in den USA. Unmittelbar danach stand für ihn fest, noch einmal einen ganz anderen Teil der Welt kennenlernen zu wollen. „Für meine Familie kam mein Wunsch darum nicht wirklich überraschend“, sagt er lachend. Wichtig sei ihm der soziale Einsatz gewesen. Zusammen mit zwei weiteren Freiwilligen aus dem Bistum Münster wird der 19-Jährige in einer Schule mithelfen, die auch von Waisenkindern besucht wird. „Sportunterricht und ein Angebot rund ums Theaterspielen kann ich mir gut vorstellen“, sagt er in Anlehnung an seine eigenen Hobbys. 

 

Auch Vera Zitzmann nutzt die Chance, über das Bistum Münster ins Ausland zu gehen. Seit vielen Jahren wohnt die 27-Jährige, die gebürtig aus Lippstadt kommt, in Münster. Dort ist sie seit zwei Jahren als Sozialarbeiterin in einem Kinderheim tätig. Die Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen ist dabei einer ihrer Schwerpunkte. Nur wenige Meter von der Schule, in denen ihre drei Freiwilligen-Kollegen arbeiten werden, befindet sich Zitzmanns Einsatzort, das Matumaini Center. Dort lernen Frauen, die wegen ihrer unehelichen Kinder verstoßen wurden, das Schneidern. Sie wird sich um die Kinder kümmern und die Frauen in Englisch und Mathe unterrichten – auf Swahili, der Landessprache in Tansania. Regelmäßig paukt Zitzmann schon jetzt Vokabeln und lernt die Grammatik, ihr Grundsatz aber lautet „learning by doing“.

 

Sowohl bei Oskar Holtmann als auch bei Vera Zitzmann überwiegt die Vorfreude auf das, was kommt. „Ich erwarte, dass ich meine eigenen Grenzen besser kennenlerne und Denkprozesse angestoßen werden“, sagt die Sozialarbeiterin. Letzteres erhofft sich Oskar Holtmann auch in Bezug auf eine globale Perspektive. „Es ist mir wichtig, mir ein eigenes Bild von dem Land zu machen, unabhängig von allem, was man liest und hört“, erklärt er. Zitzmann hofft auf einen persönlichen Perspektivwechsel: „Ich habe schon viel mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen gearbeitet, jetzt möchte ich selbst ein Jahr lang in einem fremden Land leben und arbeiten.“ Die beiden Münsteraner sind sich sicher, dass ihnen Materielles nicht so schnell fehlen wird. „Dafür aber meine WG, meine Familie und Freunde“, glaubt Vera Zitzmann. „Und vielleicht noch das Fahrradfahren“, ergänzt ihr Mitreisender lachend.

 

In den vergangenen Monaten wurden die beiden zusammen mit den anderen Freiwilligen von den Mitarbeitern der Fachstelle Weltkirche des Bistums Münster auf ihren Einsatz vorbereitet. Die Seminare mit Fachleuten und die gemeinsamen Unternehmungen wie ein Tag im Hochseilgarten in Dülmen haben das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe gestärkt: „Die Vorbereitungen haben uns eng zusammengeschweißt und man merkt, dass wir alle auf demselben Weg sind“, sagt Vera Zitzmann.

 

Text und Foto: Ann-Christin Ladermann/Bischöfliche Pressestelle Münster