Ilka Eßing fliegt als Freiwillige für ein Jahr nach Südafrika

Das Abitur hat sie gerade in der Tasche und Ilka Eßing wird schon bald das machen, was nach dem Abi viele Schulabgänger machen: die Koffer packen und in den Süden fliegen. Allerdings ist das Ziel der 18-jährigen Bocholterin weder die Costa del Sol noch Mallorca. Sie wird über Istanbul und Johannesburg ins südafrikanische Durban fliegen, von dort geht es über die Straße weiter nach Nkandla. Rückflug: in einem Jahr. So lange wird sie für den Freiwilligendienst des Bistums Münster in Südafrika tätig sein.


Ende Juni sitzt die junge Frau in einem Caféa in der Bocholter Innenstadt, die Aa fließt unter grünen Trauerweiden vorbei, auf den Fernsehern läuft ein Spiel der Fußball-WM. „Das ist für mich noch gar nicht so richtig real, dass ich in zwei Monaten hier wegfliege“, sagt sie und nippt an ihrer Cola. „Wir hatten gerade ein Vorbereitungsseminar in Berlin, das geht allen so. Wahrscheinlich merkt man erst beim Abschied am Flughafen, dass man für ein Jahr geht“, erzählt sie weiter. Mindestens ein halbes Jahr sollte vergehen, bis sie Besuch von der Familie oder Freunden bekommt, „sonst hat man gar keine Chance, sich richtig einzuleben“, hat Ilka Eßing erfahren. Kontakt halten will sie über das Internet, per Facebook, WhatsApp und Skype. „Da muss man die richtige Balance finden zwischen dem Leben in Südafrika und den Kontakten in Deutschland“, sagt sie.


In Nkandla, nordöstlich von Durban gelegen, wird Ilka Eßing sich insbesondere in einem Kinderheim engagieren, das von südafrikanischen und deutschen Schwestern geleitet wird. Die Freiwilligen spielen mit den 36 Kindern und helfen ihnen bei den Hausaufgaben. Zudem leisten die Schwestern in der Umgebung Aufklärungs- und Präventionsarbeit, Aids ist weit verbreitet rund um Nkandla, neun von zehn Menschen sind arbeitslos, einige werden mit Essenspaketen unterstützt. „Im Umkreis leben 1200 Familien, die betreut werden. Wenn ich mich eingelebt habe, kann ich mit zu Hausbesuchen fahren und auch diesen Teil der Arbeit kennenlernen“, sagt Ilka Eßing.


„Während der Schulzeit“, blickt die Bocholterin auf die vergangenen Jahre zurück, „soll man lernen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Praktisch lernen kann man das aber nur, wenn man über den Tellerrand blickt.“ Eine andere Kultur zu erleben, eine andere Sprache zu lernen – in Nkandla wird neben Englisch auch Zulu gesprochen –, darauf freut sich die 18-Jährige.


Sie lacht: „Ich wollte schon immer weg nach dem Abi. Bei einem Infotag habe ich dann vom Freiwilligendienst erfahren und mich beworben.“ Damit gehört sie zu einer Gruppe von insgesamt 29 Freiwilligen, die vom Bistum Münster zu Projekten in Afrika oder Lateinamerika geschickt werden. Das Bistum übernimmt, unterstützt durch das Förderprogramm „weltwärts“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die anfallenden Kosten, etwa für Flüge, Unterkunft, Seminare und ein monatliches Taschengeld von 100 Euro.


Gemeinsam mit Ilka Eßing wird noch eine Freiwillige aus Coesfeld nach Nkandla fliegen, zu Weihachten treffen sich dann alle Freiwilligen, die in Afrika sind, in Tansania. „Das ist eine coole Truppe, darauf freue ich mich schon“, sagt sie. Ob sie Angst vor dem Heimweh hat? Ilka Eßing streicht sich ihre langen Haare aus dem Gesicht, blickt kurz durch das Caféfenster auf die Aa. „Ich bin noch nie mit Heimweh konfrontiert worden, ein bisschen Angst habe ich natürlich schon davor“, sagt sie und zögert, bevor sie fortfährt: „Es hört sich seltsam an, aber noch mehr Angst habe ich davor, Südafrika nach einem Jahr wieder zu verlassen. Wenn ich jetzt im August fliege dann weiß ich, dass ich in einem Jahr wieder hier bin und hier lebe. In Südafrika werde ich aber, wenn ich dort wegfliege, nie mehr so lange bleiben können.“

 

Text: Bischöfliche Pressestelle/Christian Breuer